Rom – Italien: ein Reisebericht

Am Mittwoch, den 21. August luden wir gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Thüringen e. V. und der Volkshochschule Ilmenau um 19 Uhr zu einer Lesung und Diskussion zur Situation obdachloser Geflüchteter in Italien in die Volkshochschule Ilmenau ein.

Ca. 20 Teilnehmende hörten der Lesung des alternativen Reiseberichts von Inka Rehbehn zu, die im Rahmen ihres Studiums der Internationalen Sozialen Arbeit von September 2017 bis April 2018 mit der italienischen Organisation MEDU (Ärzte für Menschenrechte) in Rom/Italien verschiedene Orte besuchte, an denen Geflüchtete in Siedlungen auf der Straße leben. MEDU bietet eine medizinische Notfallversorgung für obdachlose Geflüchtete sowie legale Beratung an. In Rom fährt ein dafür ausgestatteter Camper regelmäßig an diese Orte. Inka schilderte in ihrem Reisebericht eindrücklich ihre persönlichen Eindrücke und erzählte von einer ganz anderen Seite Italiens – jenseits von Stränden, Pizza und Urlaubsflair.

An Orten wie dem Piazzale Maslax, dem Bahnhof Termini sowie der Via Vannina leb(t)en viele Geflüchtete unter menschenunwürdigen Bedingungen in der Obdachlosigkeit – ohne ein sicheres Dach über dem Kopf, ohne Verpflegung, Zugang zu Wasser, Strom sowie ohne ein Mindestmaß an medizinischer Versorgung.  Die Orte wechseln ständig, da sie regelmäßig von staatlicher Seite geräumt werden. Doch ziehen die Geflüchteten dann meist einfach weiter, die Wohnungssituation der Menschen ändert sich dadurch nicht.

Die Gründe für die Obdachlosigkeit sind vielfältig. Anspruch auf einen Platz in offiziellen Unterkünften gibt es nur während des Asylverfahrens – viele Geflüchtete, wie bspw. aus Marokko oder Algerien – werden oft erst gar nicht in das Verfahren aufgenommen, sondern bekommen gleich ein sogenanntes Foglio di via ausgestellt, welches sie dazu auffordert Italien innerhalb von 7 bis 15 Tagen zu verlassen. [1]Auch erlischt der Anspruch auf einen Platz in der Unterkunft, wenn ein_e Asylbewerber_in eine Sammelunterkunft für kurze Zeit und ohne Angabe von Gründen verlässt. Manchmal reicht nur eine Nacht um das Recht auf einen Schlafplatz zu verlieren. [2] Von der Obdachlosigkeit betroffen sind auch etliche sogenannte „Dublin-Rückkehrer_innen“, die bspw. aus Deutschland nach Italien abgeschoben worden sind, da sie zuvor in Italien registriert wurden. In kein anderes EU-Land hat Deutschland im Jahr 2018 so viele Geflüchtete zurückgeführt wie nach Italien [3].

Der Reisebericht veranschaulichte auch durch das nach der Lesung vorgestellte Bild- und Videomaterial eindrucksvoll die Auswegslosigkeit und Müdigkeit, die diejenigen Geflüchteten empfinden, die obdachlos in Italien leben, sowie die Rolle, die konkrete EU-Politik dabei spielt.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei unseren Kooperationspartnern Flüchtlingsrat Thüringen e.V., PRO ASYL, Bundes- und Landesprogramm „Denk bunt“, Freistaat Thüringen, Flüchtlingsnetzwerk Ilmenau, ISWI e.V., VHS Ilmenau-Arnstadt, jipi gUG und dem DGB-Bildungswerk Thüringen für die bewegende Veranstaltung und haben uns über das rege Interesse gefreut. Auf Radio F.R.E.I.  könnt ihr übrigens in den Reisebericht reinhören.

Hier findet ihr einige Eindrücke der Veranstaltung. Fotograf: Pavel Chatterjee

[1]  https://www.borderline-europe.de/sites/default/files/projekte_files/2017_12_01_Rebehn_Zwischen%20Hoffnung%20und%20Hoffnungslosigkeit-%20Obdachlosigkeit%20von%20Gefl%C3%BCchteten%20in%20Rom.pdf

[2] https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/fluechtlinge-italien-100.html

[3] https://www.tagesschau.de/investigativ/monitor/fluechtlinge-italien-147.html